Jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat 20.30h Küfe Muskauerstr 15 Berlin-Kreuzberg

Donnerstag, 5. April 2012

MITTWOCH 11.04.2012  20.30H
DER GROSSE AUSVERKAUF
FLORIAN OPITZ
D 2007
94 MIN
Der grosse Ausverkauf ist ein packender Dokumentarfilm über ein sehr komplexes Thema. In vier ineinander verwobenen Erzählsträngen bringt der Film dem Zuschauer das abstrakte und umstrittene Phänomen „Privatisierung“ über einfühlsame Porträts von Menschen aus verschiedenen Kontinenten nahe, die von den oft inhumanen und fehlgeleiteten Versuchen, das Wirtschaftswachstum zu steigern, unmittelbar betroffen sind. Menschen, die sich auf ihre ganz persönliche Art und Weise dagegen zur Wehr setzen.
BONGANI
ist mit seinem Team von „Guerilla-Elektrikern“ auf den Straßen des südafrikanischen Townships Soweto unterwegs, um die Häuser derer wieder ans Stromnetz anzuschließen, die zu arm sind, ihre Stromrechnungen zu bezahlen. Seit der Privatisierung der ehemals staatlichen Stromversorgung sind diese um ein Vielfaches gestiegen.
DER BRITISCHE LOKFÜHRER SIMON
erzählt vom Zustand der Eisenbahn in Großbritannien, seitdem die staatliche BRITISH RAIL unter Premierministerin Thatcher privatisiert wurde. Zahllose neue private Eisenbahnfirmen, die „in einer Regelmäßigkeit kommen und gehen, die aus dem Fahrplan längst verschwunden ist“ und ein marodes Schienennetz, das bereits zu tödlichen Unfällen geführt hat, sind die Folgen.
MINDA
lebt in einem philippinischen Slum. Zweimal in der Woche muss sie Geld für die Dialyse ihres Sohnes auftreiben, da das Gesundheitssystem auf den Philippinen zu einem großen Teil privatisiert wurde und armen Menschen auch bei schweren Erkrankungen keine medizinische Versorgung gewährt wird, wenn sie nicht dafür bezahlen können.
DIE BÜRGER COCHABAMBAS,
der drittgrößten Stadt Boliviens, kämpfen wütend gegen einen US-Konzern, der die Wasserversorgung der Stadt unter seine Kontrolle gebracht hat und die Trinkwasserpreise auf ein Viertel des durchschnittlichen monatlichen Gehalts der Einwohner hochgetrieben hat.
Doch auch „DIE ANDERE SEITE“ kommt zu Wort. Diejenigen, die Privatisierungen befürworten und für die Lösung aller wirtschaftlichen Probleme halten - und dabei vor allem westlichen Konzernen den Zugang zu profitablen, ehemals staatlichen Monopolen in anderen Ländern sichern. Vertreter der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds, ebenso wie Manager von privatisierten Konzernen, die in einer anderen Welt zu leben scheinen als die Protagonisten des Films.

Donnerstag, 22. März 2012

Mittwoch 28.03.2012  20.30h
Die Strategie der Strohhalme – 
Proletarische Unruhe im Industriegürtel von Delhi 
(kanalB 2010, 59 min., OmU)
Die Region Delhi ist in den letzten 20 Jahren zu einem der größten Industriezentren der Welt aufgestiegen. Die nötige Arbeitskraft kommt aus den ärmeren Regionen Indiens, wo der ländlichen Bevölkerung das Überleben immer schwerer gemacht wird. Im Industriegürtel von Delhi sind daher 4 bis 5 Millionen Industriearbeiterinnen und Industriearbeiter bereit, ihre Gesundheit zu ruinieren für Löhne, die kaum das Überleben ihrer Familien sichern. — Dennoch sind die Menschen dieser Situation nicht ohnmächtig ausgeliefert. Sie suchen nach erfolgreichen Formen kollektiven Widerstands.

Montag, 5. März 2012

Mittwoch 14.03.2012  20.30h
Debtocracy/Schuldkratie
Ein Griechischer Dokumentarfilm über die Krise.
Regie: Katerina Kitidi und Ari Chatzistefanou
Gr 2011  
74 Min
Original mit deutsche Untertitel

Die griechische Staatsverschuldung liegt bei etwa 350
Milliarden Euro, wiewohl das Land in den letzten zehn Jahren etwa 223 Mrd. Euro
zurückgezahlt hat. Bei Zinsen bis zu 28%, die mittlerweile verlangt wurden, ist
es nur eine Frage der Zeit, bis das Land finanziell endgültig ausblutet. Vor
allem die deutsche Regierung weigert sich beharrlich, die beiden entscheidenden
Heilmittel in Anwendung zu bringen: den Schuldenschnitt und die Gründung von
Eurobonds, um der Zinsspekulation ein Ende zu setzen. In Griechenland hat es seit letztem
Frühjahr gewaltige Massendemonstrationen gegen das Sparprogramm der Regierung
der PASOK gegeben. Denn es findet ein Verarmungsprozess der Mehrheit der Bevölkerung
statt, während die Reichen ihre Gelder ins Ausland verbringen.
Diesen agitatorischen Dokumentarfilm der griechischen
Journalisten Katerina Kitidi und Ari Chatzistefanou, in dem nicht die Täter und
ihre Komplizen in Berlin und Paris, sondern ausschließlich die Opfer zu Wort
kommen, haben in Griechenland bereits über 1,5 Mio. Menschen gesehen. Der Film
fragt nach den Hintergründen der Verschuldungspolitik und benennt Profiteure.
Vor allem geht es aber im die Vorbereitung einer Audit-Kampagne, bei der alle
Schuldtitel darauf geprüft werden, wer die Schulden aufgenommen hat, wie die
Gelder verwendet wurden, ob Teile der Gelder (wie etwa im Fall Siemens) in
dunkle Kanäle geflossen sind und welche Gelder für Rüstungseinkäufe verpulvert
wurden. Der Film bringt den Fall der Audit-Kampagne in Ecuador, wo ein
erheblicher Teil der Schulden gestrichen wurde, so dass das kleine Land jedes
Jahr 350 Mio. Dollar weniger zurückzahlt.

Freitag, 17. Februar 2012

Mo 27.02.2012  20.30h
Mauer
Regie: Simone Bitton
Frankreich-Israel, 2004
96 Min
Arabisch und Hebräisch mit Deutsche Untertitel
Eine hunderte von Kilometern lange Grenzmauer, die größte Baustelle in der Geschichte Israels, soll Israelis und Palästinensern voreinander „schützen“. Durch die Konfrontation mit Einzelschicksalen denunziert der Dokumentarfilm subtil die Blindheit des sicherheitspolitischen Superprojekts.

Mauer
Bittons filmisches Prinzip ist einfach: sie geht mit ihrer Kamera auf die Straße, beobachtet, fragt Menschen, lässt sie erzählen: den enteigneten palästinensischen Bauern, den um Annäherung bemühten israelischen Siedler, den resignierten Kibbuzbewohner, den irakischen Bauarbeiter, den Betonfabrikanten, der sich an dem Mauerbau eine goldene Nase verdient. Die Autorin selbst ist die gesamte Zeit des Films nur aus dem Off zu hören, übrigens genauso wie einige ihrer Interviewpartner, die einen Auftritt vor der Kamera aus Angst vor Repressionen meiden wollen. Interessant und aufschlussreich werden die einzelnen Aussagen in ihrer Zusammenschau, die durch den filmischen Schnitt geleistet wird. Auf der einen Seite stellt der Abteilungsleiter im israelischen Verteidigungsministerium, an seinem Schreibtisch flankiert von zwei Nationalfahnen, das gigantische Bauprojekt in technischen und finanziellen Superlativen vor und schildert mit einer erschreckenden Präzision das ausgeklügelte Zusammenspiel von Kameras, elektrischen Sensoren und Radar in einem Ernstfall. Und der Betonfabrikant beschreibt stolz den Wachtturm, in dem sogar ein chemisches WC und eine Klimaanlage für den Komfort der Soldaten integriert sind, als technisches Meisterwerk. Diese offiziellen Macht- und Souveränitätsbekundungen konfrontiert Simone Bitton mit den Aussagen der einfachen Menschen auf der Straße, die in ihrem Alltag permanent an dieser Betonmauer abprallen. Eine Bewohnerin beklagt sich, weil ihr Stadtteil seit dem Mauerbau von essentiellen öffentlichen Diensten wie der Müllabfuhr abgeschnitten ist. Ein jüdischer Siedler schildert, wie er nach der heldenhaften Rettung zweier jüdischer Kinder durch einen Araber zum ersten Mal seine Nachbarn auf der anderen Seite des Stacheldrahtzauns besucht hat, um ihnen seine Dankbarkeit zu erweisen – einen Tag später wurde diese Annäherung durch den Beginn der Intifada zunichte gemacht. Der irakische Vorarbeiter auf der Baustelle ist froh, dass wenigstens der Lohn stimmt. Hätte er ein Ausreisevisum, wäre er sowieso schon längst über alle Berge. Man kennt sich nicht und geht sich aus dem Weg, weil man Angst voreinander hat. Die Mauer markiert somit nicht nur die physische, sondern auch eine mentale Grenze, die das Versagen der beiden Bevölkerungsgruppen in der gegenseitigen Annäherung repräsentiert.
Mauer
Um das Motiv der Grenze konstruiert sich auch die visuelle Ästhetik des Films. Es gibt keine Vor- oder Rückwärtsbewegungen, sondern nur eine seitlich fahrende oder statische Kamera, die vergeblich einen Weg nach Vorne zu suchen scheint. In unzähligen lateralen Fahrten gleitet die Kamera an der endlos wirkenden Mauer entlang. Häufig behindern Beton und Stacheldraht den Blick. Doch jede Grenze, auch die imposanteste, hat ihre Schwachstellen und ist permeabel. Die letzte Sequenz des Films zeigt Leute, die über die Mauer steigen, Babys über den Stacheldraht heben und sich durch Betonschlitze hindurch unterhalten. Die menschliche Freiheit ist wie Wasser, das sich immer seine Wege bahnt, egal wie groß die physischen Widerstände sein mögen. Das ist die Hoffnung, mit der der Film seinen Zuschauer aus dem Kinosaal entlässt.

Montag, 30. Januar 2012

Mo. 13.02 

Reise zur Sonne - Günese Yolculuk
Yeşim Ustaoğlu
 Türkei 1999
Zwei junge Männer aus entgegengesetzten Regionen der Türkei begegnen sich in diesem Film zufällig in Istanbul und werden Freunde. Berzan stammt aus einem kurdischen Dorf im äussersten Osten, Mehmet ist kürzlich aus der Westtürkei hier angekommen. Wichtig ist ihm ihre Freundschaft, in der es kein Wenn und Aber gibt, in der das Zwischenmenschliche entscheidend ist und die Sehnsucht. Ein Herzstück ist die faszinierende Reise aus Istanbul ans andere Ende der Türkei, in Regionen, in denen kaum je eine Kamera gefilmt hat. Mit Geschick versteht Yesim Ustaoglu es dabei, politische Ereginisse in die erfundene Handlung einzuflechten und ein subtiles, vielschichtiges Drama von einer Sprengkraft zu gestalten, die an Herz wie Geist rührt.
  „Das System diktiert und definiert, wie die Menschen leben sollen, dagegen wollte ich mich wehren. Die Konflikte der Welt betreffen nicht alle unmittelbar. Infolgedessen interessieren sich die Unbetroffenen gewühnlich nicht sehr für diese Probleme. Wenn sie durch die Straßen gehen, schauen sie nur geradeaus und gucken nicht unten auf die Pfütze auf dem Gehweg, in der sich möglicherweise andere Seiten des Lebens spiegeln. In Günese Yolculuk sieht man, dass dieses allzu oft übersehne andere Leben gleich um die Ecke herum stattfindet.“  
Yeşim Ustaoğlu




Donnerstag, 19. Januar 2012

Mo. 23.01.2012
Tod in der Zelle - Warum starb Oury Jalloh
Dokumentarfilm von M. Kolvenbach, P. Pagonakis, Deutschland 2006, 45 Min.

Oury Jalloh verbrannte unter ungeklärten Umständen vor knapp 4 Jahren, an Händen und Füßen gefesselt in einer Zelle des Polizeireviers Dessau.
Anschließend wurde der damaligen Dienstgruppenleiter des Polizeireviers Dessau Andreas S. angeklagt, nach Ausbruch des Feuers den Alarm zweimal ignoriert zu haben. Dem Mitangeklagten Hans Ulrich-M. hatte die Staatsanwaltschaft zur Last gelegt,bei der Durchsuchung Jallohs übersehen zu haben. Trotz widersprüchlicher Aussagen der beiden Polizeibeamten wurden sie vergangenen Dezember freigesprochen.
Der Richter resümierte resigniert "Diese Verhandlung ist gescheitert."
Der Film zeichnet die Ereignisse um den Tod Oury Jalloh und die darauf folgende Verhandlung nach...

Donnerstag, 5. Januar 2012

Mo 09.01.2012  20.30h
Ajami
Regie: Yaron Shani und Scandar Copti
Israel, 2009
120 Min.
In fünf sich kreuzenden Geschichten erzählt Ajami vom angespannten Verhältnis zwischen Juden, Muslimen und Christen in einem israelischen Vorort.


Ajami ist ein Vorort der israelischen Stadt Jaffa. Vom angrenzenden Tel Aviv unterscheidet diese sich vor allem dadurch, dass Juden hier eine Minderheit darstellen. Die Regisseure Yaron Shani und Scandar Copti widmen sich in ihrem Film Ajami diesem Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Religionen, wobei ihr Augenmerk besonders auf den Spannungen zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen liegt.
In mehreren Kapiteln beleuchtet der Film anhand von Einzelschicksalen verschiedene Facetten des interkulturellen Lebens in Israel. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der arabischstämmigen Bevölkerung. Da wäre etwa der israelische Moslem Omar, der zum Mittelpunkt eines Bandenkriegs wird und zudem in eine Christin verliebt ist. Der 16-jährige, illegal eingewanderte Palästinenser Malek versucht dagegen mit Schwarzarbeit die Operation seiner kranken Mutter zu finanzieren. Teilzeitdealer Binj macht sich in seinem muslimischen Freundeskreis unbeliebt, weil er eine Jüdin heiraten möchte, und der Polizist Dando, die einzige jüdische Figur in Ajami, hat einen unerbittlichen Hass auf Palästinenser, nachdem sein Bruder im Krieg gefallen ist.